Internationaler Markt
Nach dem wochenlangen Preisanstieg ging es gestern erstmals deutlich bergab. Im Tagesverlauf lag Brent-Rohöl zunächst bei knapp 86 Dollar je Barrel, doch dann drehte der Wind. Öl verlor in nur drei Stunden knapp vier Prozent an Wert. Die Gegenbewegung blieb schwach: Am heutigen Morgen steht Brent unter 83 Dollar.
Die Ursachen für den Einbruch sind nicht ganz klar. Eindeutig ist nur, dass der Verkaufsdruck vor allem von den amerikanischen Ölbörsen kam. Die Medien zitieren eine Abstufung der USA beim Kredit-Rating und lustlose Aktienmärkte, aber das allein hätte nicht ausgereicht.
Wieder einmal waren es wohl technische Faktoren, die den Ausschlag gaben. Brent hat im Juli 14 Prozent zugelegt, die amerikanische Leitsorte WTI sogar 16 Prozent. Irgendwann musste die Kaufwelle auslaufen. Als dann die ersten Trader ihre Gewinne realisierten, rannten alle gleichzeitig zum Ausgang.
Der Herdentrieb war so stark, dass die spektakulären Zahlen im Wochenbericht des US-Energieministeriums am Nachmittag vollständig ignoriert wurden. Demnach sanken die Rohölbestände um 17 Mio. Barrel im Vergleich zur Vorwoche. Das war der höchste je verzeichnete Rückgang und lag weit jenseits aller Prognosen. Er bestätigt überdeutlich die erwartete Verknappung des Ölangebots in der zweiten Jahreshälfte.
Damit scheint die Rechnung des Ölkartells OPEC+ und Saudi-Arabiens aufzugehen. Sie hatten die Ölproduktion in den letzten Monaten immer weiter reduziert, um die Preise nach oben zu treiben. Die Kartellstaaten treffen sich morgen, um das weitere Vorgehen zu beraten. Große Kurskorrekturen werden nicht erwartet.
Hier die Veränderungen im amerikanischen Ölmarkt im Vergleich zur Vorwoche. Die Zahlen stammen aus den Wochenberichten des Energieministeriums (DOE) und des Branchenverbandes der Ölindustrie (API):
Rohöl: -17,0 Mio. Barrel (DOE) bzw. -15,4 Mio. Barrel (API)
Heizöl und Diesel: -0,8 Mio. Barrel (DOE) bzw. -0,5 Mio. Barrel (API)
Benzin: +1,5 Mio. Barrel (DOE) bzw. -1,7 Mio. Barrel (API)
Ölproduktion in den USA: 12,2 Mio. Barrel pro Tag (0,1 Mio. über Vorjahreswert)
Ölnachfrage in den USA (4-Wochen-Durchschnitt): 20,2 Mio. Barrel pro Tag (0,3 Mio. Barrel über Vorjahresniveau)
Der europäische Ölmarkt startet nach der gestrigen Überraschnung orientierungslos. Einerseits wären weitere Gewinnmitnahmen möglich, andererseits lässt der starke Lagerabbau in den USA bald wieder steigende Ölpreise vermuten.
Brent-Rohöl kostet im Moment 82,91 US-Dollar je Barrel. Die US-Rohölsorte West Texas Intermediate (WTI) steht bei 79,21 US-Dollar je Barrel. Rotterdamer Gasoil notiert bei 893,75 Dollar je Tonne. Der US-Dollar ist 0,9157 Euro wert. Damit steht der Euro bei 1,0918 Dollar.
Nationaler Markt
Der deutsche Heizölmarkt reagiert bisher kaum auf den Preiseinbruch im internationalen Rohölmarkt. Die Heizölpreis-Tendenz zeigt am Morgen einen fast unveränderten landesweiten Durchschnittspreis von 104,6 Euro je 100 Liter für eine Standardlieferung (3000 Liter).
Die kurzfristigen Trendkanäle verdeutlichen den steilen Anstieg der letzten zwei Wochen, der Heizöl um über 15 Prozent verteuert hat. Das liegt auch am Gasoilmarkt, der den gestrigen Einbruch im Rohölmarkt nur in abgeschwächter Form aufgegriffen hat. Hinzu kommt ein weicher Euro, der Öl im deutschen Markt derzeit zusätzlich verteuert.
Trotz oder gerade wegen des Preisanstiegs liegt die Zahl der Bestellungen in dieser Woche deutlich über dem Durchschnitt. Das Schwarm-O-Meter, das die Kaufbereitschaft nach Preisanfragen misst, steht dazu passend auf der zweithöchsten Stufe.
Die Stimmung blieb zumindest bis gestern sehr pessimistisch. Jede zweite Stimme befürchtet laut der täglichen Lesereinschätzung höhere Heizölpreise. Das ist im längerfristigen Vergleich ein weit überdurchschnittlicher Anteil.
Trotz des aktuellen Rücksetzers bleiben die Risiken im Ölmarkt hoch. Die Gewinnmitnahmen werden bald auslaufen. Der Kurs der OPEC und die Einschätzungen zum chinesischen Ölverbrauch werden dann wieder ausschlaggebend sein. Wer vor einem leeren Tank steht, sollte daher nicht zu lange warten.
In jedem Fall gilt jedoch: Nichts ist billiger und klimaschonender als Heizöl, das nicht verbrannt wird. Reduzieren Sie Ihren Verbrauch und überdenken Sie Ihre aktuelle Heizlösung, nicht zuletzt vor dem Hintergrund der globalen Klimakrise. Die Verbraucherzentralen halten zahlreiche Tipps und Empfehlungen bereit.
Quelle: esyoil