Internationaler Markt
Während der deutsche Außenminister in Washington kühl empfangen wurde und ergebnislos mit seinen Gesprächspartnern über die Iran-Sanktionen stritt, wird die Kanzlerin in Peking mit Freundlichkeiten überschüttet. Die Trump-Regierung und ein immer stärkeres China wirbeln die Konstanten der Weltpolitik durcheinander. Die Europäer müssen nun einen eigenständigen Kurs finden.
Zumindest beim Thema Öl scheint das noch nicht zu gelingen. Während die Amerikaner dank Schieferöl ihre Importabhängigkeit demnächst gegen Null drücken können, setzen die Chinesen auf den forcierten Ausbau der Elektromobilität und beschränken den innerstädtischen Verkehr für Diesel- und Benzinfahrzeuge. Mit diesem Tempo können Berlin und Brüssel nicht mithalten. Die Folge: Die Abhängigkeit Europas von Ölimporten wächst Jahr für Jahr und der Ölverbrauch steigt entgegen den Prognosen wieder an. Steil steigende Ölpreise werden wie Naturereignisse passiv hingenommen.
Der aktuelle Ölpreistrend lebt wie üblich von Szenarien oder „Stories“, die auf Fakten, Vermutungen oder bloßen Einbildungen beruhen. Sie halten sich in manchen Fällen nur ein paar Stunden, in anderen Fällen Monate oder sogar Jahre. Der steile Aufschwung der Ölpreise in diesem Jahr kann auf ein stabiles Szenario setzen: Der Produktionszusammenbruch in Venezuela, die Folgen der neuen Iran-Sanktionen und die starke Ölnachfrage. Hinzu kommt die Einschätzung, dass das OPEC-Kartell stabil bleibt und den Markt knapp hält.
Bärische Meldungen verpuffen schon nach wenigen Stunden. Gestern meldete das amerikanische Energieministerium (DOE) einen unerwartet steilen Anstieg der Lagerbestände für Rohöl. Auch die Benzinvorräte wurden ausgebaut.
Die Rohölpreise gaben daraufhin erst mal 2 Prozent nach, auch wenn die Zahlen zum Teil durch höhere Importe und schwächere Exporte erklärt werden können. Doch nach wenigen Minuten war die Meldung bereits verdaut und die Preise zogen wieder an. Die Trader konzentrierten sich auf neue Einschätzungen zu Venezuela, wo die Produktion anscheinend noch schneller einbricht als bislang befürchtet wurde.
Hier die Lagerveränderungen in der Übersicht:
Rohöl: -1,3 Mio. Barrel (API) bzw. +5,8 Mio. Barrel (DOE)
Heizöl und Diesel: -1,3 Mio. Barrel (API) bzw. -1,0 Mio. Barrel (DOE)
Benzin: +1,0 Mio. Barrel (API) bzw. +1,9 Mio. Barrel (DOE)
Die üppige Versorgungslage in Teilen der USA hebt sich immer deutlicher vom übrigen Weltmarkt ab. Die Preislücke zwischen Brent-Rohöl und der amerikanischen Rohölsorte WTI wird deshalb immer breiter und liegt jetzt bei enormen 8 Dollar je Barrel – sehr zur Freude der amerikanischen Raffinerien, die sich deshalb auf immer mehr Exportmärkten durchsetzen können.
Heute Morgen präsentieren sich die Ölpreise uneinheitlich. Die US-Rohölsorte West Texas Intermediate (WTI) gibt auf 71,66 Dollar je Barrel nach. Brent-Rohöl steigt auf 79,55 US-Dollar je Barrel. Gasöl zieht auf 700,25 Dollar je Tonne an. Der US-Dollar steigt auf 0,8531 Euro. Damit fällt der Euro auf 1,1718 Dollar.
Nationaler Markt
Die Heizölpreise setzen sich heute Morgen über der Marke von 70 Euro je 100 Liter fest, wie die Heizölpreis-Tendenz zeigt. Das liegt fast 30 Prozent über dem Vorjahreswert. Die Rekordpreise aus den Jahren 2011-2014 mit 80-90 Euro scheinen nicht mehr weit entfernt. Teures Rohöl und ein starker Dollar verhindern nach wie vor einen Preisrutsch.
Der Binnenmarkt für Heizöl ist im Moment nur mäßig aktiv. Das starke Kaufinteresse nach der Verkündung der Iran-Sanktionen ist erst einmal abgeflaut. Das Schwarm-O-Meter für Heizöl, das die Zahl der Käufe und Preisanfragen vergleicht, zeigt nur eine mittlere Kaufbereitschaft der Interessenten für die nächsten Tage. Das könnte mit einem ausgeprägten Preisoptimismus zusammenhängen: Fast drei Viertel der Kundschaft rechnet mit demnächst fallenden Heizölpreisen.
Die kurz- und mittelfristigen Preischarts für Heizöl zeigen allerdings einen sehr stabilen Aufwärtstrend, der in den letzten Wochen immer schneller geworden ist. Seit dem Frühjahr 2016 befindet sich Heizöl in einem stabil steigenden Preiskorridor. Man muss schon bis 2014 zurückgehen, um einen Abwärtstrend zu konstruieren.
Was tun? Wer zu lange gewartet hat und jetzt kaufen muss, könnte sich zunächst mit einer Teilmenge eindecken. Sollten die Preise dann doch weiter steigen, muss vor dem Herbst nicht mehr reagiert werden.
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Quelle: esyoil