Internationaler Markt
Viel war nicht zu erwarten von Joe Biden in der Rolle als Öleinkäufer im Nahen Osten. Und in der Tat fuhr er ohne Zusage über eine Produktionssteigerung nach Haus. Der Beauftrage für Energiewirtschaft im Außenministerium, Amos Hochstein, zeigt sich indes optimistisch, dass bald mehr Öl von den OPEC-Mitgliedern, die noch über Förderreserven verfügen, auf den Markt kommen werde. Aus Saudi-Arabien ist dazu zu hören, dass man nichts entscheiden werde, ohne die Bündnispartner der Allianz zu konsultieren. Russland wird bei der Frage also mitentscheiden. Das nächste Treffen der 23 Alliierten soll am 3. August stattfinden.
Russland spielt eine wesentliche Rolle bei der Verknappung des Ölangebots, einerseits als einflussreicher Part der OPEC-Allianz, andererseits als kriegerischer Aggressor. In der zweiten Rolle drehte allerdings nicht Moskau den Ölhahn zu, sondern die EU durch den Boykott russischen Öls. Er sollte Putins Kriegsmaschine treffen. De facto trifft er aber die EU.
Russland verkauft mittlerweile tatsächlich weniger Öl als vor Beginn des Überfalls auf die Ukraine. Die Erlöse aus dem Geschäft sind aufgrund der Preissteigerung allerdings nicht gesunken. Das führt dazu, dass die Erträge während des Krieges sogar gestiegen sind. Überspitzt formuliert kann man sagen, dass der EU-Boykott russischen Öls den perfiden Krieg mitfinanziert. Das kann passieren, wenn der Entscheidungsrahmen über komplexe Sachverhalte unverhältnismäßig auf seine moralische Dimension verengt wird.
Nach Analysen des finnischen Instituts Centre for Research on Energy and Clean Air erlöste die russische Wirtschaft für alle fossilen Energieträger Öl, Gas und Kohle zusammen in den ersten 100 Tagen des Krieges durchschnittlich 930 Millionen Euro täglich. Am Beginn waren es 1.070 Millionen Euro. Ende Mai waren es 883 Million Euro. Selbst der reduzierte Erlös im Mai übertrifft den Vorjahreserlös um 40 Prozent. Das ist einer Steigerung der Verkaufspreise von durchschnittlich 60 Prozent zu verdanken. Dem stehen Einnahmeminderungen von 98 Millionen Euro pro Tag aus reduziertem Export und 101 Millionen Euro pro Tag aus Rabatten, beispielsweise an China und Indien, gegenüber. Hauptabnehmer russischer Energieexporte ist nach wie vor die EU.
Möglicherweise wird sie in Libyen bald wieder mehr Öl einkaufen können. Von dort sollen die Exporte nach der Auswechslung des Vorstandsvorsitzeden der National Oil Corporation (NOC) wieder ungehindert fließen. Das würde eine Verdreifachung des Angebots auf rund 1,2 Mio. Barrel pro Tag bedeuten. Die Angaben stammen vom neuen Mann an der Spitze der NOC, Farhat bin Qadara. Da Libyen weit von einem sicheren Staat mit entsprechenden Strukturen entfernt ist, darf man an ihrer Verlässlichkeit zweifeln.
An den Börsen bewegen sich die Ölnotierungen heute Morgen wieder aufwärts. Ausnahmsweise betrifft das Rohöl stärker als Gasöl (Vorprodukt für Heizöl). Alles in allem ist dennoch eine leichte Abwärtstendenz für Rohöl zu beobachten. Die liegt für Gasöl nicht vor.
Das Barrel WTI (West Texas Intermediate) wird aktuell zu 100,21 Dollar und das Barrel Brent zu 104,04 Dollar gehandelt. Die Tonne Gasöl kostet 1.107,50 Dollar. Der US-Dollar kostet 0,9857 Euro. Damit kostet der Euro 1,0143 Dollar.
Nationaler Markt
Die Heizölpreise geben ein wenig nach, wie der aktuellen Heizölpreis-Tendenz in der 3-Monats-Ansicht zu entnehmen ist. Am Aufwärtstrend ändert das nichts. Er ist intakt. Das bliebe er bis auf weiteres auch, selbst wenn sich eine nennenswerte Abwärtsbewegung einstellen würde. Auszuschließen ist die in diesen volatilen Zeiten auf keinen Fall.
Im Binnenmarkt gehen die Bestellungen für Heizöl zurückhaltend ein. Der Preisanstieg dämpft den in Vorbereitung auf den Winter entstandenen Kaufanreiz. Viele Verbraucher scheinen zuversichtlich zu sein, dass die Preise demnächst besser sind. Unser Schwarm-O-Meter für Heizöl, das die Käufe der Kunden ins Verhältnis zu ihren Preisanfragen setzt, und die Lesereinschätzung zur Preisentwicklung zeigen die Befindlichkeit der Kunden entsprechend an. Das eine steht heute Morgen auf mittlerem Niveau für die Kaufintensität, das andere auf einem relativ ordentlichen Mehrheitswert für die Erwartung auf fallende Heizölpreise.
Unser Satz an alle Unentschlossenen lautet: Beobachten Sie die Preisentwicklung eng, um bei kurzfristigen Vergünstigungen handeln zu können.
Klarstellung: Seit einiger Zeit nehmen wir Missverständnisse der öffentlichen Meinung über die Zukunft der Ölheizung wahr. Deshalb möchten wir darauf hinweisen, dass das Heizen mit Öl durch den Gesetzgeber nicht verboten ist, weder jetzt noch in Zukunft und auch nicht ab 2026. Ab dem Jahr müssen neue Ölheizungen lediglich mit einem regenerativen Anteil ausgestattet sein, beispielsweise mit Solarkollektoren für die Erwärmung von Brauchwasser.
Im Übrigen sind wir mehr denn je der Meinung, dass wir alle verbrauchsreduzierende Maßnahmen und Verhaltensweisen entwickeln müssen, um zukunftsfähig zu sein.
Quelle: esyoil