Internationaler Markt
Die Rohölpreise konnten gestern nach dem Sprung über die 100-Dollar-Marke keine klare Richtung finden. Über 101 Dollar je Barrel blieben Anschlusskäufe aus, unter 100 Dollar gab es hingegen Unterstützung. Die Preise schwankten wild hin und her. Diese Volatilität hält nun schon seit Monaten an und verschreckt immer mehr Händler an den Ölbörsen. Im dünnen Handel könnten die Preisausschläge jedoch noch heftiger werden.
Für beide Preisrichtungen gibt es im Moment überzeugende Argumente: Auf der einen Seite steht die Erwartung einer globalen Rezession und der Umstand, dass die russischen Ölexporte noch immer sehr hoch sind. Auf der anderen Seite sind die Lagerbestände weltweit sehr niedrig. Auch wird die Ölnachfrage in immer mehr Regionen durch die extremen Gaspreise gestützt. Ab dem Winter ist unklar, wie sich die neuen EU-Sanktionen gegen russisches Öl auswirken werden.
Haushohe Margen an den Tankstellen und in fast allen anderen Absatzmärkten halten zudem das Interesse der Raffinerien wach, Rohöl zu passablen Preisen einzukaufen und die Produkte mit hohem Gewinn abzusetzen. Geplante und ungeplante Störungen kommen dazu. Erst gestern legte ein Kabelbrand eine Großraffinerie von BP im Raum Chicago lahm. In Deutschland müssen die Raffinerien in Schwedt und Leuna spätestens ab Jahresende auf russisches Rohöl verzichten. Ersatz ist möglich, aber die Preise werden durch die Umstellung steigen.
Zusätzlich sorgt das OPEC-Kartell dafür, dass Niedrigpreisphantasien gar nicht erst aufkommen. Für den Fall erfolgreicher Atomverhandlungen mit dem Iran werden bereits Förderkürzungen diskutiert. Im Reigen der Energiepreiskrisen vom Erdgas bis zum Strom wollen auch die Ölproduzenten mitverdienen. Das gilt übrigens auch für befreundete Staaten wie Norwegen. Appelle an Oslo, insbesondere im Gasgeschäft nicht als Kriegsgewinnler dazustehen, werden bislang ignoriert.
Der gestrige Wochenbericht aus den USA blieb uneindeutig. Die Zahlen des US-Energieministeriums DOE bestätigten in der Tendenz die Vorabschätzungen des Branchenverbandes API. Die gewerblichen Rohölbestände sanken gegenüber der Vorwoche um 3,3 Mio. Barrel, obwohl in der Berichtswoche aus den Strategischen Ölreserven 8,1 Mio. Barrel freigegeben wurden. Bei den Ölprodukten gab es dagegen nur geringe Veränderungen.
Etwa 11 Mio. Barrel Rohöl und Ölprodukte verlassen jeden Tag das Land. Etwa 8,5 Mio. Barrel werden importiert. Unter dem Strich sind die USA damit ein wichtiger Nettoexporteur geworden. Viel mehr wird es allerdings nicht werden, denn die heimische Ölproduktion stagniert und die Nachfrage ist bereits relativ schwach. Das gilt vor allem für Benzin.
Hier die Zahlen der Wochenberichte von DOE und API und die Veränderungen gegenüber der Vorwoche:
Rohöl: -3,3 Mio. Barrel (DOE) bzw. -5,6 Mio. Barrel (API)
Heizöl und Diesel: -0,7 Mio. Barrel (DOE) bzw. +1,1 Mio. Barrel (API)
Benzin: +/- 0,0 Mio. Barrel (DOE) bzw. +0,3 Mio. Barrel (API)
Ölproduktion: 12,0 Mio. Barrel pro Tag (0,6 Mio. über Vorjahreswert)
Nachfrage (4-Wochen-Durchschnitt): 20,0 Mio. Barrel pro Tag (1,0 Mio. unter Vorjahreswert)
Der europäische Handel startet am Morgen mit Aufschlägen. Die Nordseesorte Brent kostet aktuell 101,82 US-Dollar je Barrel. Die US-Rohölsorte West Texas Intermediate (WTI) steht bei 95,31 US-Dollar je Barrel. Rotterdamer Gasöl notiert bei 1194,50 Dollar je Tonne. Der US-Dollar ist 0,9985 Euro wert. Damit steht der Euro bei 1,0012 Dollar.
Nationaler Markt
Die deutschen Heizölpreise bleiben in ihrer eigenen Welt und steigen ungerührt Tag für Tag höher. In dieser Woche hat sich der Anstieg sogar noch beschleunigt. Am frühen Morgen zeigt die Heizölpreis-Tendenz einen landesweiten Durchschnittswert von über 166 Euro je 100 Liter für eine Standardlieferung (3000 Liter).
In Süddeutschland sind die Preise sogar schon auf dem Weg Richtung 180 Euro. Die Frachtraten auf dem Rhein sind im Südwesten noch immer hoch, aber steigen im Moment nicht weiter an. Sie erzeugen einen Aufschlag von aktuell 5-8 Euro je 100 Liter, je nach Standort.
Trotzdem gibt es seit über einem Monat zahlreiche Bestellungen durch die privaten Haushalte. Auch das Schwarm-O-Meter, das die Kaufbereitschaft nach Preisanfragen misst, bleibt auf einer hohen Stufe. Die Umfrage in der täglichen Lesereinschätzung zeigt, dass der Preisoptimismus erneut geschrumpft ist. Nur noch 43% der Voten erwarten einen Rückgang der Heizölpreise in den kommenden Tagen.
Ein Ende der Energiepreiskrisen ist nicht in Sicht: Heizöl, Erdgas, Strom – überall muss mit anhaltend hohen oder sogar weiter steigenden Preisen gerechnet werden. Kurzfristiges Spekulieren erscheint in dieser Lage riskant. Alle Haushalte sollten, auch wegen der regional langen Wartezeiten, rechtzeitig für den Winter gerüstet sein.
Generell gilt jedoch: Nichts ist billiger als Heizöl, das nicht verbrannt werden muss. Reduzieren Sie Ihren Verbrauch und überdenken Sie Ihr Heizverhalten und Ihre Heizoptionen. Die Verbraucherzentralen halten zahlreiche nützliche Tipps bereit. Das senkt die Kosten und schont Klima und Umwelt.
Quelle: esyoil